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Jeder kennt solche Szenen aus dem Alltag. Da wird im Supermarkt vor der Kasse gedrängelt und geschubst, da wird im Straßenverkehr gepöbelt und der Stinkefinger gezeigt, da scheint beim Betreten eines Zuges der Grundsatz »Erst aussteigen lassen« nicht mehr zu gelten. Aber es geht noch schlimmer. Einige willkürlich herausgegriffene Meldungen der letzten Zeit: Eine Zugbegleiterin wird zu Boden gestoßen und in den Magen getreten, nachdem sie einen Fahrgast auf die Verpflichtung hingewiesen hat, eine Schutzmaske zu tragen. Rettungskräfte werden bei dem Versuch, ein Kind zu reanimieren, von einem Mann attackiert, weil sie sein Auto zugeparkt haben. Polizisten werden mit Steinen beworfen und als »Bullenschweine« beschimpft, wenn sie Demonstrationen begleiten oder gegen Ruhestörungen einschreiten. Und wenn man ins Internet geht, trifft man auf Beleidigungen und Hasskommentare, die man für unmöglich halten würde, hätte man sie nicht mit eigenen Augen gesehen.

Werte wie Respekt und Toleranz scheinen in unserer Gesellschaft seit einiger Zeit auf dem Rückzug zu sein. Aber woran liegt das? Wissenschaftler führen verschiedene Gründe an. Für manche beginnt es schon bei der Erziehung: Traditionelle Werte verlieren an Bedeutung, Selbstverwirklichung steht im Mittelpunkt. Soziologen sprechen von der »Ego-Gesellschaft«: Alle versuchen, sich selbst zu optimieren, da bleibt kein Raum mehr für die Bedürfnisse anderer. Außerdem zerfällt unsere Gesellschaft immer stärker in verschiedene Milieus, die kaum Kontakt zueinander und daher auch wenig Verständnis füreinander haben. Traditionelle Bindungskräfte wie Parteien, Gewerkschaften, Kirchen und Vereine verlieren an Bedeutung. Und die zunehmende Kommunikation über soziale Medien beschleunigt die Kommunikation nicht nur, sie lässt sie auch härter, rücksichtsloser und empathieärmer werden.

Für unsere Gesellschaft ist das eine gefährliche Entwicklung. Respekt und Toleranz sind die grundlegenden Werte, auf denen unser Zusammenleben beruht. All die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind – Klimawandel und Umweltzerstörung, Flüchtlingselend, populistische Bewegungen, der Zusammenhalt in Europa und natürlich die Corona-Pandemie –, werden wir nur lösen, wenn wir respektvoll und tolerant miteinander umgehen. Ohne diese Orientierungen sind all unsere Bemühungen zum Scheitern verurteilt.

Respektlosigkeit ist ansteckend. Wer immer wieder auf diese Weise behandelt wird, gerät in die Gefahr, sich selbst so zu verhalten. Das lässt sich auf jedem Kinderspielplatz beobachten. Aber die gute Nachricht ist: Auch Respekt ist ansteckend. Michelle Obama prägte den Satz: »When they go low, we go high.« Wer Menschen, die es aufgrund ihres Verhaltens eigentlich nicht verdienen, trotzdem respektvoll entgegentritt, mag sie zum Nachdenken und im Idealfall vielleicht sogar zum Umdenken bewegen.

Vor diesem Hintergrund haben wir die »Initiative für Respekt und Toleranz« gegründet. Wir verbinden damit ausdrücklich kein parteipolitisches Interesse, die Motivation ist ausschließlich bürgerschaftliches Engagement. Unser erstes Projekt Der Mensch dahinter zeigt Repräsentant*innen aus Berufen, die besonders unter Respektlosigkeiten und Anfeindungen, Beschimpfungen und Beleidigungen zu leiden haben, und präsentiert sie ganz privat und aus einer Perspektive, die viele so sicher noch nicht kennen.

Die bisherigen Ergebnisse des Projekts stellen wir in einer Wanderausstellung vor, die seit Februar 2022 zu sehen ist. Dokumentiert finden Sie diese Arbeit im Buch zur Ausstellung.

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